Der Rosenkranz – ein Geschenk an die Welt

Der Rosenkranz – ein Geschenk an die Welt

Von P. Joseph Moran OP (ehemaliger Geistlicher Leiter des Conciliums)

Man kann wirklich sagen, der Rosenkranz sei eines der größten Geschenke Marias an unsere Kirche im zweiten Jahrtausend. Nach der Überlieferung geht sein Ursprung auf den hl. Dominikus (1170 – 1221) zurück.

Im Laufe der Zeit hat der Rosenkranz einige Veränderungen erfahren, bis er im späten 15. Jahrhundert seine uns heute bekannte Form erhielt. Im Jahre 1569 ließ ihm Papst Pius V. (1566 – 1572) die offizielle Anerkennung der Kirche zuteil werden.

In der Folge haben die Päpste den Rosenkranz durch Gunstbezeigungen immer wieder aufgewertet, haben den Gläubigen sein häufiges Beten empfohlen, haben seine Eignung für die Förderung des betrachtenden Gebetes anerkannt … und seine eigentliche Wirksamkeit für die Belebung des christlichen Lebens und der apostolischen Hingabe in Erinnerung gerufen.

Wenn man auf die vergangenen Jahrhunderte zurückschaut, beeindruckten besonders die schnelle Verbreitung des Rosenkranzgebetes und die unzähligen Wohltaten, die sich von Anfang an durch ihn über die Gläubigen ergossen haben. In den nach der Reformation so schwierigen Jahren hat der Rosenkranz dazu beigetragen, den Glauben unserer Vorfahren zu stärken. Ungefähr zur selben Zeit war der Rosenkranz ein wirksames Instrument für die Missionare, um eine solide Marienverehrung in den neuentdeckten Ländern zu verankern. Sie erkannten, dass im Rosenkranz – wenn er andächtig gebetet wird – Maria ihren Kindern Mutter wird, sie in ihrem Glauben und ihrem Gebetsleben formt, während sie sie zu einem Leben in enger Einheit mit ihrem göttlichen Sohn führt.

Unter den letzten Päpsten ragt Leo XIII. (1878 – 1903) als besonderer Förderer des Rosenkranzes hervor. Ehe er Papst wurde, war er schon von der Entdeckung der Abhandlung über die wahre Marienverehrung des hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort (1673 – 1716) stark beeinflusst. Das hat ihn veranlasst, jährlich von 1883 bis 1901 eine Enzyklika über die Marienverehrung und im besonderen über den Rosenkranz herauszugeben. Der Rosenkranz ist – wie wir wissen – nicht Teil der Liturgie, aber er ist die Form des nichtliturgischen Gebetes, die sehr häufig von den Päpsten von Leo XIII. bis Johannes Paul II. empfohlen wird. Aus ihren Worten erkennen wir die Macht des Rosenkranzgebetes, das in Zeiten großer Not oder einer Krise in Kirche oder Welt eindringlich empfohlen wird.

Der hl. Dominikus empfängt von der Jungfrau Maria den RosenkranzDie Enzyklika Marialis Cultus

In der Enzyklika Marialis Cultus hat Papst Paul VI. (1963 – 1978) vieles über den Rosenkranz gesagt, das uns bei der Erneuerung unserer Liebe zu diesem wichtigen Gebet, das so eng mit dem im Jubeljahr gefeierten Mysterium verbunden ist, helfen kann. Der Papst spricht von den verschiedenen Elementen, aus denen sich der Rosenkranz zusammensetzt: Das Vater Unser, das Gegrüßet seist du, Maria, das Ehre sei dem Vater und die Betrachtung der Heilsgeheimnisse in Einheit mit Maria. Diese Elemente sollten wir uns zu verstehen und zu schätzen bemühen, so dass unser Rosenkranzgebet seinen ganzen Reichtum und seine Vielseitigkeit zum Ausdruck bringt.

Die ständige Wiederholung des Ave Maria bezeichnet Paul VI. als Charakteristikum des Rosenkranzes. Dies sollte uns ermuntern, darauf zu achten, wie wir dieses kurze Gebet sprechen, das aus den Worten des Engels Gabriel, der Begrüßung Marias durch Elisabet und aus Zufügungen, die von der Kirche genehmigt wurden, besteht.

Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir (Lk 1,28), so begrüßte der Engel die Jungfrau. Als Maria diese Worte hörte, wurde sie vom Heiligen Geist, der sie vom ersten Moment ihrer Existenz an erfüllt hat, in seiner Gnade befähigt, in die Tiefe des liebenden Heilsplanes Gottes einzudringen, den zu erklären der Engel zu ihr gekommen war. Vom Augenblick der Menschwerdung Jesu an war Marias Mitwirkung in der Entfaltung dieses Mysteriums bis ans Ende der Zeiten gefordert. Durch die Wirkung des Heiligen Geistes begnadet und mit der ganzen Liebe ihres Unbefleckten Herzens hat Maria diesem Wunsch des Himmels zugestimmt. Sie wurde Mutter unseres Herrn Jesus Christus, des Sohnes Gottes, und ebenso Mutter aller Glieder des mystischen Leibes. Von ihrem Thron im Himmel bleibt sie in besonderer Weise Mutter ihrer irdischen Kinder, wenn diese den Rosenkranz beten. Wir denken jedes Mal an den freudigen Gruß des Engels, wenn wir ein Ave Maria beten, und das erinnert uns an Marias liebende Zustimmung zum Wunsch des Himmels. Auf diese Weise werden wir eingeladen, in jedem Ave Maria eins zu sein mit unserer gesegneten Mutter, in der Annahme all dessen, was Gott von uns verlangt, indem jeder Beter die Betrachtung der Geheimnisse des Lebens des Herrn fördert, die mit den Augen derjenigen geschaut werden, die dem Herrn am nächsten stand (Marialis Cultus 47).

Paul VI. hebt einen weiteren Aspekt der litaneiähnlichen Folge der Ave Maria hervor: Der Rosenkranz ist ein Gebet, das selbst zu einem unaufhörlichen Lobpreis Christi wird (Marialis Cultus 46).

Der Engel kam, um Christi Ankunft zu verkünden; und Elisabeth, die Mutter Johannes des Täufers, sprach zu Maria: Gesegnet ist die Frucht deines Leibes (Lk 1,42). An dieser Stelle möchte ich nochmals die Worte von Papst Paul VI. zitieren:

Wir möchten noch mehr sagen: die Wiederholung des Ave-Maria bildet die Kette, entlang der sich die Betrachtung der Geheimnisse entfaltet. Jener Jesus, den jedes Ave-Maria anruft, ist derselbe, den die Folge der Geheimnisse uns nacheinander als Sohn Gottes und der Jungfrau vorstellt, der in einer Grotte zu Bethlehem geboren ist; von der Mutter im Tempel dargestellt (…) (Marialis Cultus 46).

Dieser Aspekt der unaufhörlichen Lobpreisung Christi in jedem Gegrüßet seist du Maria ist uns vielleicht nicht immer bewusst, aber es kann bei unserer Andacht hilfreich sein, wenn wir betrachten, wie Maria mit uns die übergroße Freude ihres Magnifikat in allen Geheimnissen des Rosenkranzes teilt.

Das große Jubiläum kann eine gute Gelegenheit sein, unsere Liebe zum Rosenkranz zu erneuern. Er ist ein so wesentlicher Teil der Legion und hat für viele Legionäre im Laufe der Jahre zu übergroßen Gnaden geführt.

Unsere selige Mutter möge uns helfen, ihrem göttlichen Sohn durch eine tiefere Verehrung dieses Geschenkes, das sie der Kirche vor so vielen Jahrhunderten gegeben hat, näher zu kommen.

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